Perchten und Bräuche zur Mittwinterzeit
Max Schneider
Anfang Jänner sind sie im hinteren Zillertal wieder unterwegs, die Perchten. Man begegnet ihnen meist erst nach Einbruch der Dunkelheit. Da huschen einzelne Figuren, manchmal auch kleine Gruppen von Maskierten, zu Häusern und in die Stuben und Küchen. Meist werden sie schon erwartet. Nach einem „glickseelig Noijåhr“ an alle Anwesenden werden sie bewirtet. Das obligate Schnapsl, das sie mit einem Strohhalm einsaugen, wird selten ausgeschlagen. Oft gibt es auch Essbares. „Groiggen“ mit „rabernem Kraut“ oder „siaße Krapflang“ sind zwar seltene, aber willkommene Verköstigungen.
Dass Aufzeichnungen über das Treiben der Perchten hauptsächlich aus kirchlichen und auch weltlichen Dokumenten stammen, ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, dass in früheren Jahrhunderten nur wenige Menschen des Schreibens kundig waren. So ist es nicht verwunderlich, dass nur Predigtvorschläge, Protokolle und Gerichtsurteile Zeugnis von den Umtrieben der Maskierten geben. Aus dem Jahr 1741 liegt beispielsweise eine Anfrage des Herrschaftsverwalters von Fügen an die Obrigkeit vor. Kirchliche Vertreter haben sich über das ausgelassene Treiben der Figuren beiderlei Geschlechts beschwert. Die prekäre wirtschaftliche Situation eines Großteils der Bevölkerung hat sie offensichtlich dazu veranlasst, verkleidet und vermummt Lebensmittel zu erbetteln. Von Zeit zu Zeit waren diese Heischegänge von der Obrigkeit offiziell erlaubt worden.
Vom Zillertal bestanden offensichtlich Beziehungen über den Gerlospass hinüber zu den Pinzgauer Perchten. Es liegt aber auch nahe, dass über das Pfitscher-Joch Osttiroler Einflüsse dazukamen.
Aber nicht nur im Zillertal, sondern ebenso in verschiedenen Inntaler Orten und auch in Alpbach trifft man ähnliche Brauchgestalten. Interessant, dass sich die Typen so grundsätzlich voneinander unterscheiden, obwohl das Gebiet als kleinräumig bezeichnet werden kann. Die „Zillertaler Beechten“ sind leise, tragen Gesichtsmasken und sind rundum verhüllt. Im Gegensatz dazu, bewegen sich im Inntal die „Flitschenbeaschtln“ in ihren massigen Kostümen laut lärmend durch die Dörfer.
Die Passen der Inntaler Perchten, eine gänzlich andere Gattung als im Zillertal, werden ausschließlich von Männern gebildet. Man beginnt bereits im Oktober mit der Anfertigung der Kostüme. Da werden Maisblätter zu Büscheln gebunden und dicht auf Hosen und Jacken aufgenäht. So entstehen diese wuchtigen Gwandter. Tamperer tragen zudem noch schwere Gebilde aus Metall, auf die sie im Rhythmus mit Schlegeln eindreschen. Als wäre die Last nicht ohnehin schon schwer genug, kommt noch eine mit langen Hörnern besetzte, geschnitzte Maske dazu. Neben der obligaten Hex besteht die Pass noch aus den Schellern und den Blasern. Die Bezeichnungen für diese Figuren sind regional unterschiedlich.
Die Intention dieses Typs ist auf Unterstützung von Fruchtbarkeit ausgerichtet. Überhaupt wird Perchta in historischen Aufzeichnungen oft mit Dämonen und dem Fruchtbarkeitskult in Verbindung gebracht. Als historisch ist gleichfalls das Datum für eine der ersten Nennungen zu bezeichnen: In einer Schrift aus dem Kloster Mondsee aus dem Jahr 1000 nach Christus ist von einer „Perchtennacht“ die Rede.
Aber Gottheiten, welche zur Unterstützung der Fruchtbarkeit angerufen wurden, gab es bereits bei den Babyloniern, bei den Ägyptern, den Römern oder bei den Germanen.
Die Alpbacher Beaschtn tragen – ähnlich wie im Zillertal – altes Gwand. Allerdings verhüllen sie ihr Gesicht mit langen Flachssträhnen, die von einem weit ausladenden Hut herunterhängen. Den Besuchten wünscht man ein gesundes neues Jahr und kehrt mit dem Besen die Wohnräume, damit Glück und Segen im kommenden Jahr in ein sauberes Haus einziehen können. Auch für die Heiligen Drei Könige soll das Haus gereinigt sein.
Aber nicht nur in dieser kleinräumigen Region, mit derart unterschiedlichen Gestalten, findet man zur Mittwinterzeit verschiedenste Bräuche. Auch in Salzburger Gauen, im Berchtesgadener Land oder in Osttirol trifft man gerade zum Jahresende oder am Jahresanfang auf Bräuche mit ähnlichem Brauchhintergrund.
Volkskundler Dr. Max Schneider hat sich über Jahre damit beschäftigt und in seinem Buch „Perchten und Bräuche zur Mittwinterzeit“ Hintergründe und viel Wissenswertes über diese Bräuche ausführlich beschrieben. Da findet man unter anderem ausführliche Beschreibungen und Information beispielsweise über die „Alpbacher Behm“, die Zillachtola „Schian Tånza“, die „Pinzgauer Tresterer“ oder die „Måttinga Klaubeife“, sowie die „Wilden Jagd vom Untersberg“ oder die „Holzmandln“ aus Kirchseeon in Bayern.
Das 350 Seiten (A4) umfassende und mit ca. 400 Farbfotos bebilderte Buch kann über den Buchhandel, den Verlag (Hannes Hofinger, St. Johann) oder den Autor bezogen werden.
ISBN: 978-3-
9504205-9-3
Max Schneider