Ein halbwegs gesunder Orangen-Mandarinen-Kuchen
Über Kardamom und den Platzbedarf im Gewürzkastl
Heute nachmittags bin ich eingeladen. Um 17.00 Uhr soll ich da sein. Gerade schlägt die Kirchturmuhr zur vollen Stunde und frei, nach Zillertaler Schnabel gewachsen: „Es isch Droiå!“ Wenn ich mich beeile, schaffe ich es noch, einen Kuchen zu backen. Ein gelber soll´s werden. Einer, der in die Zeit passt. Meine Wahl fällt auf Orangenkuchen. Orangenkuchen mit Mandarinen ist super. Passt perfekt in die Winterzeit, steckt voller Vitamine und mit einer Prise Kardamom ist der Orient auch nicht mehr weit. Apropos Kardamom: Habe ich überhaupt welchen?
Wie sie da alle stehen, aufgefädelt, bereit, verwendet zu werden. An erster Stelle lese ich Anis, gefolgt von Ingwer bis hin … ja, da ist ja das, was ich suche und brauche. Kardamom. War ja auch nicht zu übersehen. Das mächtigste Glas, in meiner nicht allzu kleinen Sammlung. Er nimmt tatsächlich den größten Platz ein in meinem Gewürzkastl. Er behauptet sich, könnte man behaupten. Dabei: Heute kommt ihm eh eine Sonderstellung zu, heute spielt er die wichtigste Nebenrolle, er, der Kardamom. Aber ebenso Anis, Vanille, Muskatnuss und Zimt haben sich in meiner adventlichen Backstube bewährt,
riechen exotisch aromatisch und sind genauso präsent, halt in einem kleineren Glas, in dezenterer Zurückhaltung. Aber gern ist es so: Große Verpackung, wenig Inhalt. In vielen Dingen trifft das zu. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte.
Zutaten für den unkomplizierten Boden: vier Eier von Zillertaler Hühnern, drei große Löffel Wasser, 140 g Honig, heuer kommt mein Honig aus dem Schlegeisgebiet, etwas Kardamom, 200 g Mehl und ein halbes Packerl Backpulver. Und so wird´s gemacht: Erstens trenne ich die Eier. Rühre die Dotter mit dem Honig und Wasser schaumig, gebe das Mehl mit Backpulver und Kardamom dazu, rühre noch mal kräftig und hebe vorsichtig den Schnee unter. Dann gieße ich alles in meine kleine gefettete Tortenform und ab in den Ofen.
Zwischenzeitlich beschäftige ich mich mit den Zutaten für obendrauf: Jetzt wird´s noch einfacher. Aus Orangen und Mandarinen presse ich frischen Saft, fast einen halben Liter, verwende diesen wie Milch und mache daraus Pudding. Je nach Anleitung, wie es halt auf der Puddingpackung draufsteht. Nur: Ich nehme nicht ganz so viel Zucker. Schließlich soll mein Kuchen heute nicht nur ein Mitbringsel werden, sondern obendrein schön aussehen und halbwegs gesund sein … Schau dir mal das Foto an! Ist er nicht gut gelungen? Wie ich mich freue!
Aber halt! Ich hab‘ noch nicht ganz fertig erzählt. Den frischen Kuchen lasse ich abkühlen und gieße dann den halbwarmen Orangenpudding drüber. Nun stelle ich die Springform wieder ins Freie, aufs Fensterbrett. Wiederum zum Auskühlen. Inzwischen gehe ich mich umziehen. Der letzte Akt ist dann, dass ich frische filetierte Orangen- und Mandarinenstücke, vulgo „Zeachn“, auf den Kuchen, der bald der Kuchen der Nachbarin sein wird, hübsch drapiere. Sieht echt nett aus. Und so gut wie er aussieht, schmeckt er auch!
M.St.W.