Viscum Album die Mistel
Eine Verbindung zwischen nordischer Mythologie und Zillertaler Brauchtum!
Die weißbeerige Mistel ist uns schlicht und einfach unter dem Namen „Mistel“ bekannt und sticht vor allem zu dieser Jahreszeit ins Auge, weil wir sie gut an den blattlosen Bäumen erkennen können. Sie zeigt sich als rundlich bis kugelförmig und immergrüner Busch, der auf Nadelhölzern, besonders aber auf weichholzigen Laubbäumen schmarotzt. Die Mistel ist ein sogenannter „Halbschmarotzer“ und braucht zum Überleben auf alle Fälle einen „Wirt“, und das ist in ihrem Fall der Baum.
Die Rinde der Mistel ist gelb-grün, die Blätter fühlen sich ledrig an und sind umgekehrt länglich oder spatelartig in den Grund verschmälert und sitzen gegenständig an den Enden der Gabeläste. Die Mistel blüht von März bis April in sehr unscheinbaren bleichgelben Blüten. Aufgrund ihrer Inhaltsstoffe hat die Mistel als Heilpflanze einiges zu bieten. Vor allem zur Unterstützung der Herzleistung wird sie gemeinsam mit Weißdorn gerne verwendet. Zu ihren Inhaltsstoffen gehören unter anderem Glykoproteine, Flavonoide, Lignane, Acetylcholin und Viscotoxine. Gerade diese Viscotoxine sind für die Wissenschaft von Interesse, da sie offenbar einen Einfluss auf das Wachstum von Tumorzellen besitzen. Ich muss aber gleichzeitig von der Überbewertung dieser Pflanze eindringlich warnen. Zum derzeitigen Stand der Forschung darf man die Mistel zu diesem Zweck nur nach ausführlicher ärztlicher Rücksprache und nur unterstützend verwenden. In der Homöopathie findet die Mistel, in Potenz D6, auch Anwendung bei Schwindel oder Tinnitus.
Die Mistel ist eine sehr alte Heilpflanze und wird schon zur Römerzeit von Plinius zur Behandlung von Schwindel und Fallsucht beschrieben. Im Mittelalter fand die Mistel Verwendung bei eitrigen Wunden und Geschwüren, Pfarrer Kneipp setzte sie zur Unterstützung des Kreislaufes ein.
Besonders in der Weihnachtszeit verbinden wir das Bild der Mistel mit ihren weißen, gläsern schimmernden Beeren, die im Dezember reifen, mit dem Symbol der ewigen Liebe und des Glücks. Warum aber genau, darf die Mistel zu Weihnachten nicht fehlen? Vielleicht, weil uns ihre immergrünen Blätter und ihre weißen Beeren in der verschneiten Landschaft so gut gefallen. Ich persönlich finde eine andere Erklärung besser, die auf die Christianisierung nordischer Stämme zurückzuführen ist: Bei den gallischen Druiden, aber auch bei den Kelten und Germanen galt die Mistel als Wunderpflanze und wurde als Heiligtum verehrt. Sie galt als Symbol des Friedens, des immerwährenden Lebens und der Fruchtbarkeit. Die Nordvölker glaubten, dass die weißen Beeren im Winter ein Geschenk der Götter sind, die die Beeren vom Himmel ausstreuen. Später, als die Kelten und Germanen christianisiert worden waren, wurde die Mistel zum Symbol Christi Geburt auf Erden und den Frieden der Menschheit. Und warum küsst man sich unterm Mistelzweig? Die Mistel war der keltischen Liebesgöttin geweiht, somit schließt sich ebenfalls der Kreis zwischen nordischer Mythologie und unserem Brauchtum.
Mag. pharm. Barbara Schöpf, Apothekerin in Stumm