Stellungnahme des Planungsverbandes Zillertal
Aktuelle Diskussion rund um die Zillertalbahn
In der aktuellen Medienberichterstattung wird oftmals so getan, als sei der Wasserstoffzug eine alleinige Erfindung der Zillertaler Verkehrsbetriebe AG oder des Zillertals. Bei der Mitgliederversammlung des Planungsverbandes Zillertal im Dezember 2018 wurde vonseiten des VVT (Verkehrsverbund Tirol GesmbH – 100%-Tochtergesellschaft des Landes Tirol) durch die beauftragte Agentur und den Geschäftsführer des VVT, Herrn Dr. Alexander Jug, der Wasserstoffzug als Teil der Öffi-Offensive vorgestellt. Der VVT war zu dieser Zeit in der politischen Verantwortung von Ex-LR Mag. Ingrid Felipe. Zudem wurde das Projekt bis heute in enger Abstimmung mit dem Land Tirol vorbereitet. Dieses Faktum kann anhand von zig Protokollen belegt werden. Außerdem gibt es im Zillertal genügend Zeitzeugen, die als Mitglieder den TVB-Vollversammlungen beigewohnt haben, in denen der VVT die Öffi-Offensive inkl. der Wasserstoffbahn samt Beschlussfassung zur Erhöhung der Ortstaxe um € 1,25 pro Nächtigung zu deren Finanzierung vorgestellt hat.
Die Oberleitungsvariante wird aktuell von den Projektgegnern als wesentlich günstigere Variante dargestellt. Nachdem die Berechnungen auf einer Laufzeit von 30 Jahren basieren, kann ein seriöser Kostenvergleich nicht erfolgen. Selbst einer der schärfsten Projektgegner, DI und Universitätsassistent Peter Brandl, räumt dies im Interview mit dem Bezirksblatt (Ausgabe 28 von 12./13. Juli) mit den Worten „Seriöse Aussagen zu Kosten sind aus meiner Sicht aktuell nicht möglich …“ ein. Für die aktuellen Berechnungen der Oberleitungsvariante kann nur ein fiktiver kWh-Preis herangezogen werden. Erinnern wir uns an die Zeit von vor ca. 20 Jahren, als Finanzberater Kreditnehmern vom ach so teuren Eurokredit abgeraten und den vermeintlich viel billigeren Frankenkredit empfohlen haben. Fakt ist, wir wissen nicht, wie sich der Strompreis in den nächsten 30 Jahren entwickeln wird. Im Gegenzug dazu gibt es jedoch bereits einen Vertrag zur Wasserstoffbelieferung mit einem fix vereinbarten Preis auf die nächsten 15 Jahre. Nachdem in Sachen Oberleitung immer wieder der Vergleich mit den ÖBB bemüht wird: Die ÖBB haben zahlreiche Kraftwerke und können so auf eine hohe Eigenversorgung zurückgreifen, was bei der Zillertalbahn mangels eigener Energieerzeugungsanlagen nicht der Fall ist. Die Zillertalbahn ist bei einer Oberleitungsvariante über 30 Jahre lang den jeweils realen Marktpreisen für Strom ausgesetzt. Wasserstoff ist nichts anderes als ein Speichermedium für Überschussstrom. Das heißt, der Wasserstoff kann günstig hergestellt und dem System Bahn zu einem späteren Zeitpunkt zugeführt werden. Bei einer Oberleitung hingegen muss der Strom in jenem Moment vom Netz bezogen werden, in dem er gebraucht wird, also dann, wenn die Bahn fährt.
Bei einer Oberleitung gilt es auch zu bedenken, dass sich diese über 80 (!) Eisenbahnkreuzungen spannen würde. Für Sondertransporte und hohe Kranwägen stellt dies ein nicht unbedeutendes Risiko aufgrund der Gefahr des Stromüberschlags dar. Spezielle Sicherungsmaßnahmen wären hier vorzusehen inkl. einer allfälligen Abschaltung und Außerbetriebnahme der Bahn. Zudem legt eine rechtliche Einschätzung nahe, dass der Bau einer Oberleitung höchstwahrscheinlich UVP-bewilligungspflichtig ist (UVP = Umweltverträglichkeitsprüfung), wobei aufgrund der generell extrem großzügig geregelten Parteistellung und den damit verbundenen Rechtsmittelbefugnissen in UVP-Genehmigungsverfahren allgemein mit entsprechend langen Verfahrensdauern über mehrere Jahre zu rechnen ist. Allenfalls wären da und dort auch Grundverhandlungen erforderlich, sollte die nötige Breite für den Bau einer Oberleitung nicht auf der gesamten Strecke gegeben sein.
Bei einem reinen Akkubetrieb bräuchte es zwei Garnituren mehr, um aufgrund des längeren Betankungsvorgangs bzw. der relativ langen Ladezeiten den Wagenumlauf zu garantieren.
Das Wagenmaterial der Zillertalbahn ist nahe am Ende seiner technischen Lebensdauer. Eine weitere, massive zeitliche Verzögerung aufgrund langwieriger Verfahren halten die Fahrbetriebsmittel in der derzeitigen Intensität nicht aus. Sollte es zu keiner absehbaren Lösung kommen, so wird man den laufenden Betrieb von einem Halbstunden- auf einen Stundentakt verlängern müssen, um die Garnituren zu schonen. Bei halber Fahrleistung kann das alte Wagenmaterial länger im Einsatz bleiben, um die Zeitstrecke bis zur Anlieferung der neuen Garnituren zu überbrücken. Natürlich würde diese Maßnahme einer massiven Leistungsverkürzung und Service-Reduktion gleichkommen, was man an sich ja vermeiden möchte.
Zum Argument der Gegnerschaft, was man dem Steuerzahler nicht alles zumute und schuldig wäre: Die Grünen, vertreten durch LAbg. Gebi Mair, haben in den jüngsten TV-Auftritten die Maske fallen gelassen. In „Tirol Live“ der TT von 30. Juni gibt Mair unumwunden zu, man habe Hörl rechnen und rechnen lassen. Im Sommergespräch in „Tirol heute“ von 17. Juli meint selbiger gar auf die Frage, was ihn an seiner ehemaligen Regierungsbeteiligung am meisten störe, sei, die Wasserstoffdiskussion im Zillertal nicht rechtzeitig abgedreht zu haben. Zur Erinnerung: Das Modernisierungspaket „Zillertalbahn 2020+“ war Teil des Regierungsprogramms für Tirol 2018 – 2023 der schwarz-grünen Landesregierung, wobei das genannte Programm den Wasserstoffzug beinhaltete! Im Hintergrund wurde massiv gegen das Projekt gearbeitet und dieses damit verzögert. Wenn jetzt der ach so geschundene Steuerzahler bemüht wird, dann darf daran erinnert werden, dass durch die offenbar bewussten Verzögerungen und Querschüsse nur bei der Fahrzeugbeschaffung Mehrkosten von 25 Mio. Euro anfallen (Kosten 2018: 75 Mio. Euro, Kosten heute: 100 Mio. Euro). Die Mehrkosten für den Ausbau der Infrastruktur (Bahnhöfe, etc.) ergeben ein Vielfaches davon! Bei einer Steuerleistung des Zillertals von mehreren Hundert Millionen Euro pro Jahr braucht es keine Zurufe von außen, da ohnehin mehr Steuergelder aus dem Tal abfließen als über öffentliche Subventionen in das Tal zurückfließen.
Es möge sich jeder seine eigene Meinung bilden. Es wurde und wird mit allen Mitteln versucht, zunächst über einzelne Medien eine veröffentlichte Meinung zu platzieren, um sie dann von Zeit zu Zeit zur öffentlichen Meinung zu machen. Offenbar gelingt das den Projektgegnern sehr gut. Die Frage ist nur, was sie damit bezwecken wollen, zumal gerade von dieser Seite immer der Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Klimaschutz propagiert wird. Das Zillertal ist jedoch gut beraten, zusammenzustehen, denn sonst wird es im schlimmsten Fall eines Tages gar keine Zillertalbahn mehr geben!
Unsere Vorfahren haben vor über 120 Jahren den Weitblick und Mut gehabt, die Zillertalbahn zu bauen. Tun wir es ihnen gleich!
Bgm. Hansjörg Jäger, Obmann des Planungsverbandes Zillertal