Stefan Bletzacher im Gespräch über die starke Zillertaler Wirtschaft
Wirtschaftskammer Tirol, Bezirksstelle Schwaz
Finanzkräftige Bergbahnen spiegeln starke Saisonen wider, es gibt bei uns im Tal vergleichsweise mehr Vier-Stern-Häuser als anderswo, unzählige Betriebe sind wie die sprichwörtlichen „Zachling“ aus der Erde geschossen, Binder Holz hat längst die Milliarden-Grenze erreicht …
diese Liste könnte man ergänzen. Was möchten wir damit sagen? Schon lange, schon seit Jahrzehnten ist das Zillertal eine wirtschaftlich starke Gegend. In vielen Bereichen. Wie genau und mit welchen Zahlen dieses hervorragende Wachstum untermauert werden kann, haben wir den Chef der WK in Schwaz, Stefan Bletzacher, gefragt.
Die vorliegenden Daten der Statistik Austria und die Kommunalsteuereinnahmen der Zillertaler Gemeinden, wie zum Beispiel 2.400 000 Euro in Mayrhofen, zeigen große Kraft, die vom Tal ausgeht. Von Industrie, Handel, Dienstleistung bis hin zum Tourismus – viele Sparten sind bei uns zu finden. Die Wirtschaftskammer kennt natürlich Einzelheiten, interessante Daten, die mit Sicherheit unsere Leserschaft interessieren. Danke, Stefan Bletzacher, dass wir ein paar Fragen stellen dürfen:
Lieber Herr Bletzacher, sie sind Chef der WK im Bezirk Schwaz, kennen diese Gegend sehr gut. Zillertalerinnern und Zillertaler sind dafür bekannt, gastfreundlich und fleißig zu sein. Können sie uns – speziell zum Tag der Arbeit – verraten, wie viele Menschen bei uns einer Arbeit nachgehen? Gibt es Vergleichszahlen?
Im Bezirk Schwaz waren Ende Februar 42.183 unselbstständig Beschäftigte gemeldet, so viele wie noch nie zuvor. Diese Zahl teilt sich auf in 20.184 Frauen und 21.999 Männer oder auf 5.907 unter 25-jährige, 24.660 25- bis 50-jährige und 11.616 über 50-jährige Beschäftigte. 11.049 Beschäftigte sind AusländerInnen, das sind 12,1%. Ohne sie hätten wir keine Chance, unsere Wirtschaft, unser Gesundheitswesen, den öffentlichen Verkehr etc. am Laufen zu halten. Die Arbeitslosenquote betrug heuer Ende Februar 3,2% (inkl. den beim AMS in Schulung befindlichen Arbeitslosen). Wenn man davon die Arbeitslosen mit einer Wiedereinstellungszusage abzieht, beträgt die tatsächliche Arbeitslosigkeit ca. 2,5%. Wobei viele davon wiederum gesundheitliche Vermittlungseinschränkungen haben oder aufgrund ihrer Ausbildung die Anforderungen für eine offene Stelle nicht erfüllen. Wir haben mehr als Vollbeschäftigung! Das ist gut für die Volkswirtschaft, bedeutet aber für Betriebe einen Arbeitskräftemangel.
Ihr Aufgabenbereich ist ebenso weit gespannt wie die Buntheit an der Unternehmerschaft im Bezirk. Was sagen Sie einem Jungunternehmer? Oder wie motivieren Sie, sich selbstständig zu machen?
Der Weg in die Selbstständigkeit ist mit Vorteilen und Risiken verbunden. Man gibt die Sicherheit auf, die ein bezahlter Arbeitsplatz bietet. Dafür nimmt man nicht klar vorhersehbare neue Anforderungen in Kauf. Darin liegt für viele aber genau der Reiz der Selbstständigkeit. Entscheidungs- und Handlungsfreiheit mit der Möglichkeit, eigene Ideen umzusetzen und dabei unabhängig etwas aufbauen zu können. Wichtig sind auch fachliche Qualifikationen, Erfahrung in der Branche und grundlegende kaufmännische Kenntnisse. Es ist nicht notwendig, alle unternehmerischen Eigenschaften mitzubringen. Viele Dinge kann man lernen. Einige Aufgaben können an Fachleute (z. B. Buchhaltung) ausgelagert werden. Ein großer Vorteil ist auch, wenn das soziale Umfeld (Familie, PartnerIn, …) den Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit bejaht und unterstützt. Am wichtigsten ist es aber, sich zu Beginn ehrlich zu fragen, will ich den Weg in die Selbstständigkeit. Wir, in der WK Schwaz, verstehen uns als erster Ansprechpartner bei allen Fragen in die Selbstständigkeit.
Die Zahlen und Fakten stehen für eine starke unerschütterliche Wirtschaft im Bezirk, möchte man meinen. Ist alles so eitel Wonne? Das heißt, zum Abschluss unseres Gesprächs geben wir gerne noch Raum, um Bedenkliches anzusprechen.
Aktuell ändert sich vieles sehr schnell, und wir spüren die großen Veränderungen, zum Beispiel durch den Klimawandel, in der Mobilität, in der Digitalisierung und, wie vorhin bereits erwähnt, in der Demographie, beim Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel. All diese Veränderungen spüren wir nicht nur im Zillertal, sondern in ganz Mitteleuropa und in allen Branchen. Wir müssen uns ebemso klar vor Augen halten, dass diese Veränderungen schon auch eine Gefahr für unseren Wohlstand bedeuten können. Die Herausforderungen sind groß – doch ich bin überzeugt, dass wir alle gemeinsam diesen Wandel gut managen werden. Gerade im Bezirk Schwaz zeichnen wir uns durch ein gutes Miteinander aus, auch im Zusammenhalt von Unternehmen und Mitarbeitern. Das ist eine Stärke unseres Bezirks. Und ebenso wichtig, jede und jeder Einzelne kann einen positiven Beitrag zur Bewältigung der Veränderungen leisten.
Lieber Herr Bletzacher, wir danken für die Offenheit und Transparenz! Für das sehr freundliche Gespräch sagen wir „Vergelt‘s Gott!“
Die Redaktion
Foto: Gerhard Berger