Die Hiaterbuam!
Franz Wechselberger erzählt
Es war auch noch zu meiner Schulzeit so, dass Kinder mit einem gewissen Alter als Hiaterbuam arbeiteten. Ich glaube, ab zwölf Jahren war es möglich, vom Schulunterricht befreit zu werden, um in der Landwirtschaft der Eltern zu helfen.
Es gab Buben, die schon im Mai für den Rest des Schuljahres befreit wurden, um auf einer Alm als Hiaterbua zu arbeiten. Die Zeit verlangte es, dass in der Familie ein Kostgänger weniger war und sich der Bub eine neue Hose, ein Paar Schuhe und ein kleines Taschengeld in den Schulferien verdienen musste. Auch einige meiner Freunde und Nachbarsbuben gingen auf die Alm! Für den einen war es schwer verdiente Kost, Schuhe, Hose und Taschengeld, während es der andere genossen hatte und sich in den Bergen und beim Vieh wohler fühlte als im Tal. Es hing ebenso vom jeweiligen Melcher (Senner) ab – der eine wusste, dass sein Hiaterbua eigentlich noch ein Kind war, und der andere wusste es nicht.
Mein Freund Horst Liebl war geschaffen für die Alm. Er freute sich im Frühsommer, wenn`s zum Auffahren war, er war ein „Viechlappe“ und gern in den Bergen, und des „Almerleben war sei Freid“.
Wenn der Horst im Herbischt vom Zau, a Alm a der Stillupe, huamkemmin ischt, hat er a paar schneidige Pocher hören lassn, dass mir gewisst ham, der Horst ischt mehr do. Braun gebrannt, mit vollen Wangen, denn aufn Zau hat es nit nur Milch und Butter gebn, sondern a genuag Wildfleisch.“ Anders bei meinem Freund und Nachbarn Amor Hansl! Ich war bei der Einfahrt zu unserem Garten, als Hansl von seinem Almsommer nach Hause kam. Er und seine Familie hatten im Haashaus gewohnt. Knieweich mit hängenden Schultern, barfuß und weinend kam er auf mich zu. Als er an mir vorbeiging, sagt er nur mit „rärater“ Stimme: „Griaß di, Franz!“ und strebte schnell seinem Zuhause zu. Ich schaute ihm nach und sah, dass er auf seinem Rucksack seine Almknospen hängen hatte. Die Holzsohle der Knospen war zersplittert, und den vorderen Teil der Sohle gab es nicht mehr. Ich dachte: „Armer Hansl, du muascht
an grausign Almsummer ghobt hobm, und der Melcher hot sicher des Seinige dazua beigetrogn.“ Hansl war sonst „a Hogebuachaner und kua Huamrärar“. „I woaß eigentlich gar nit, ob es no Hiaterbuam geit oder ob elektrische Zäune die Arbate vu die Hiaterbuam übernommen homt?“