Die Bundesmusikkapelle Mayrhofen hat in ihrem 200-jährigen
Eine Konzertreise - Franz Wechselberger erzählt
Die BMK Mayrhofen und die Mayrhofner Nationalsänger reisten nach München, um im Rahmen der berühmten Gewerbeausstellung mit einem unserer beliebten „Zillertaler Liederabende“, welche damals in Mayrhofen wöchentlich stattfanden, teilzunehmen.
Diese Darbietung erweckte besonders bei den Bergfreunden aus Plauen und Leipzig den Wunsch, dass die Mayrhofner Sänger und Musikanten solche Konzerte auch bei ihnen aufführen sollten. Die Mayrhofner wurden schließlich vom Alpenverein Plauen und Leipzig zu einer achttägigen Konzertreise ins Vogtland eingeladen.
Am 22. September 1927 bei Tagesanbruch ging die Reise in drei nagelneuen, offenen Tuxer Bussen in voller Zillertaler Tracht los. Die Fahrt ging über München und Ingolstadt bis nach Bayreuth, wo übernachtet wurde. Dem Tamperer Karl hielt man wegen seiner vielen Kriegsorden und Auszeichnungen für einen Herrn Major: Ein Zimmermädchen bot sich an, „dem Herrn Major die Orden putzen zu wollen“. Statt eines Trinkgelds bekam das Mädchen eine richtig militärische Abfuhr von unserem Karl.
Die Reise wurde in Richtung Plauen fortgesetzt. Dort wurden die Zillertaler freudig begrüßt, einige Straßenbuben schrieen: „Die Indianer kommen!“ Die mit Federn geschmückten Hüte veranlassten sie zu dieser Feststellung.
An diesem und dem darauffolgenden Abend veranstalteten die Mayrhofner im großen, ausverkauften Pratersaal einen Zillertaler Liederabend.
Nach dieser Vorstellung kam ein freundlicher Schupomann in die Unterkunft der Mayrhofner und teilte Kapellmeister Oberforcher mit, dass ein Zillertaler einen Volksauflauf verursachte, indem er auf der Brüstung der Elsterbrücke herumhüpfte und manchmal krähte wie ein Hahn. Als Oberforcher dorthin kam, sah er Maxal auf der Brückenbrüstung trestern, ab und zu gab er einen schneidigen Bocher von sich in die versammelte Volksmenge. Er holte zum Bedauern der Plauener Jugend seinen Freund von der Brücke.
Am Sonntag, den 25. September, ging die Reise weiter. In Leipzig angekommen, wurden die Mayrhofner von vielen bekannten Mayrhofner Bergfreunden mit Blumensträußen begrüßt. Am Nachmittag veranstaltete die MK auf dem großen Augustusplatz ein umjubeltes Konzert. Am Abend fand im großen Saal des Kristallpalastes ein Zillertaler Liederabend statt, bei dem die Mayrhofner viele Bekannte begrüßen konnten, die seit vielen Jahren willkommene Gäste in Mayrhofen waren. Die Darbietungen der Musik und die Nationalsänger ernteten stürmischen Beifall, besonders Zithervirtuose Karl Kittl, der Wiener Wahl-Mayrhofner, und die Sänger-Schwestern Marianne & Priska Oberforcher.
Trompeter Heisl ging noch am Abend vorm Konzert in den Zoo und war so begeistert von den noch nie gesehenen fremdländischen Tieren, dass er versäumte, den Zoo rechtzeitig zu verlassen und eingesperrt wurde. Er berichtete, dass er im Affenhaus, wo es schön warm war, übernachtet, aber kein Auge zugetan hatte, weil sich einer der Affen immer mit ihm unterhalten wollte.
Das zweite Konzert fand in Plagwitz, einer Leipziger Vorstadt, im Saal des Felsenkellers statt. An diesem letzten Abend trafen sich die Mayrhofner zu einem feuchtfröhlichen Abschiedsabend im Hotel „Du Nord“. Dabei wurde ein neues Weinmaß kreiert und zwar das Mayrhofner Prälatenviertel.
Leider brachte das Radio eine kurze Meldung über eine Überschwemmung im Zillertal am 25. September 1927. Die Ungewissheit über die Zustände zu Hause drückte die Stimmung. Damals rann der Ziller das letzte Mal durchs Ederfeld.
Auf dem Heimweg zu seinem Hotel bemerkte der Tamperer Karl, dass die Passanten hinter ihm tuschelten. Ein Noller (Pantscher) der Kapelle hatte ihm einen Zettel auf seinem Zillertaler Rock mit der Aufschrift, „Herrgott, was hast du hier gemacht?“ befestigt.
Am Morgen der Abreise suchte Sepp, der Bassist, im Zentralbahnhof eine Waschgelegenheit. Dabei kam er in ein sehr neumodisches, elegantes Herrenklosett. Als sich Sepp in einer dieser Muscheln zu waschen begann, meinte ein freundlicher Bahnbediensteter: „Mein Herr, diese Wasseranlage ist eigentlich für einen anderen Zweck bestimmt.“
Nachdem die Mayrhofner noch das großartige Völkerschlachtdenkmal besichtigt hatten, wurde die Heimreise angetreten. Der Anblick der Zillertaler Berge und des Kirchleins von Brettfall entlockte einigen der Musikanten einen schneidigen Zillertaler Bocher. Am Abend wurden unsere weit gereisten Musikanten freudig von ihren Lieben wohlbehalten in Mayrhofen empfangen.
Diese Konzertreise war eine der ersten von vielen, und alle waren ein großer Beitrag unserer Musikkapelle zum Aufbau des Fremdenverkehrs.
Fotos: Ortschronik Mayrhofen