Wiederbegegnung mit dem Projekt von G Æ G
Passage 2011-22, ein aktionistisches, transalpines Drama
Das Unterfangen war von einer seltsamen nautischen Idee getragen: Ein selbstgebautes Polyester-Boot wurde mit den bloßen Händen der Künstler über den Alpenhauptkamm gezogen. Die Aktion dauerte drei Wochen.
In einer Expedition des Münchner Künstlerduos G Æ G (Wolfgang Aichner & Thomas Huber) überquerte das rote Boot mit dem Gewicht von 150 Kilogramm und einer Länge von 5,2 Metern ab dem Hinteren Zillertal den Schlegeisgletscher und den 3029 Meter hohen Nevesattel. Das Boot landete im italienischen Ahrntal auf einem Anhänger und wurde schließlich rechtzeitig zum Beginn des bedeutendsten Kunstevents der Welt, zur 54. Biennale von Venedig 2011, am Campo SS. Apostoli zu Wasser zu gelassen. Nach dem Stapellauf sank das Boot tragischerweise. Neo-romantisches Streben und sisyphushafte Anstrengung charakterisieren die Aktion. Der Weg über die Alpen mit dem Boot war mühsam und hätte auch den erfahrenen Bergsteigern physisch und mental alles abverlangt. Passage 2011 folgte dem Aufbau des klassischen Dramas, das entweder in der Katastrophe oder der Apotheose endet. Der Blick richtete sich auf die Helden und ihr faktisches und doch metaphorisches Tun. Im Zentrum stand die Kunst, die sich einerseits im selbstgebauten Boot (im Sinn einer Skulptur) oder in der Aktion selbst manifestierte. Das Boot war dabei aber nur Metapher für das Streben des Menschen nach eigener Überhöhung. Somit bot die Aktion Passage2011 beides: ein heldenhaft ausgeführter Weg und schließlich das tragische Sinken des Bootes nach seiner Wasserung. Im Überqueren des Gebirgskammes und in vielen Aspekten auch in den (politischen) Grenzüberschreitungen kam letztendlich die absurde Sehnsucht der Künstler zum Ausdruck, die Natur mit den Mitteln der Kunst zu überwinden. Dieses Ereignis hat vor über zehn Jahren stattgefunden. Im Sommer 2022 wird das Projekt in der Ze Tux Gallery in Vorderlanersbach im Tuxer Tal – also am geographischen Ausgangspunkt des Projekts – reinszeniert. Das Modellboot, das Video, das Buch, Skizzen und ein großes Poster dokumentieren die irrsinnige, an die körperliche Substanz reichende Intention des Projekts. Vernissage ist am 8. Juli, es spricht Bürgermeister Simon Grubauer, Musik: Harry Treindl. Die Ausstellung ist bis 8. November zu sehen.