Mit’n Nene auf ’n Weg!
Franz Wechselberger erzählt
Es muaß 1945 oder 1946 gewesen sei, wia mir, mei Bruader Manfred und I, mit’n Nene auf Waxegge (Alpenrose) gangin hem. Scheuling Franz, mei Nene, war der Schwager von den Wirtsleuten auf Waxegge (Besitzerin Moidl und ihr Mann, Honis Geisler, a Riesetrischtner).
Bis Ginzling sind wir mit dem Postauto gefahren, aber das Auto war nur ein grauer Kastenwagen, der Aufbau aus Holz, hinten eine Tür, aber keine Fenster, und Holzbänke links und rechts zum Sitzen. Es war trotzdem weit von Ginzling bis Waxegge. Die erste Rast war Kaseler: Aufgewachtit hat uns der Kaser Küblmilch, Graukas, hartes, selber gebackenes Brot und einen Knollen Butter. Do hun i ban Nene gsechn, wie ma grauen Kas isst: viel Butter auf den Kas und wenig Brot. Mir wogn gerecht hungrig. Mei, wor des guat!
Weiter eidurch: Do kun i mi erinnern an Schwemme: Der große Boden wor alls ganz ein feiner Sand, kein Gras nur Sand. „Do ischt der Boch übergangin“, sogt der Nene, „iatz aufhören reden, iatz kimmt der Schinter.“ Auf Waxegge oder Alpengasthaus Alpenrose ham mir gelebt wie die Fremden: Wienerschnitzel, Grantn und Himbeersaft .
In nagschtn Tog, noch’m Vormass ham mir uns auf den Weg gemacht talaus. Bei dem Gasthaus „Grawand“ sog i: „Nene, i hu an Ducht!“ Der Nene: „Do kimmt iatz glei a Bachl. Do mogsche trinken.“ In Breitlahner hot der Manfred gsoat: „Nene, i hu an Hunger.“ „Mir kehren glei zua.“ Beim Rosshaag hem mir a vorbei, und weil mir vu weiten des „Schlössl“ gsechen ham, sogt der Nene: „Do kehren mir ein.“ Des „Schlössl“ ist ein Eingadenhaus (Zimmer nur auf einer Seite), hat aber drei Stöcke: unten der Stall, im ersten Stock Stube und Küche, zweiter und dritter Stock Räume zum schlafen.
Über einen kleinen Weg hinauf zur Haustür – sie war off en, man sah hinein bis in die Küche. Eine große, bärtige Gestalt schrie: „Griaß di, Franz! Wos tuascht denn du heit an Dognaberg?“ Mei Nene: „Griaß di, Michl! Mir wogn auf Waxegge.“ Michl: „Es kemmtit net gerecht. I hu mir zun Mittog a Klatte Muaß gekocht. Hock di mit deine Buamin zuachn zun Tisch und esstits.“ Der Nene: „Aft hoscht du kuan Mittog!“ Michl: „Esstits nar! I schlog mir a sechs, sieben Oare an a Schmalz. Aft hun i a gessn.“
Mein Bruder und ich schauten uns an: „Sieben Oare an a Schmalz?“ Uns lief das Wasser im Mund zusammen. Wir hatten zu Hause auch Hennen, aber es gab nie einfach so ein Ei. Da musste man schon krank sein. Aber das Muaß mit Grantn und Milch war auch gut. Mit dem Muaß, das Michl für sich gekocht hat, sind wir alle drei satt geworden. Mit den vollen Bäuchen fiel uns der Weg vom Schlössl bis nach Ginzling besonders schwer. Der Nene meinte: „Bis do a Postauto focht, hem mir dar Huame.“
Mit dem Nene unterwegs sein war immer etwas Besonderes. Er kannte so viele Menschen – besonders auf den Almen. Er kannte jeden Baum und jeden Stein. Bevor man um eine Ecke bog, sagte er z. B.: „Auf der linken Seite siecht me die Gamsen.“ Er wusste die besten Schwammerl- oder Beerenplätze. Mit ihm unterwegs sein war immer ein Erlebnis und sehr lehrreich. Durch ihn lernte ich meine Heimat richtig kennen und erleben.