Erinnerungen an Franz Winterer
Franz Wechselberger erzählt

Um die Jahrhundertwende zog der Schlossermeister Franz Winterer von Schladming in der Steiermark nach Mayrhofen im Zillertal. Der außerordentlich beliebte Handwerker wurde dort schnell sesshaft und heiratete Katharina Wegscheider (Modau); dem glücklichen Bund entsprossen zahlreiche Kinder.
Bereits 1909 baute der tüchtige Schlosser das schöne Winterer Haus mit Geschäft und Werkstatt in der Scheulingstraße. Das Gassl, das durch das Widumfeld zur Hauptstraße führte, hieß von daher das Schlossergassl. Franz Winterer hatte bereits sieben Kinder – allesamt Töchter –, als seine Frau das achte Mal schwanger wurde. Winterer meinte: „Das ist klar wie Stiefelwichs – das wird ein Bub!“ Als die Zeit der Niederkunft kam, hatte der Schlossermeister einen großen Auftrag bei der Kirche in Finkenberg zu erledigen. Da das Kind jeden Tag auf die Welt kommen konnte, war vereinbart, dass im Falle der Geburt eines Sohnes in Mayrhofen die Glocken läuten sollten. Als in Mayrhofen tatsächlich die Glocken läuteten, meinte Franz Winterer: „I hu an Buam!“ Das musste ausgiebig gefeiert werden. Und so feierte der Schlossermeister mit seinem Gesellen Emanuel Amor zwei Tage lang im Gasthof Eberl in Finkenberg, bevor sie sich wieder auf den Weg nach Mayrhofen machten. Welch eine Überraschung muss es wohl gewesen sein, als Franz Winterer zu Hause feststellen musste, dass seine Frau Zwillinge, zwei Mädchen, zur Welt gebracht hatte! Es wäre aber nicht Franz Winterer gewesen, wenn er sich nicht über seine Zwillinge gefreut hätte. Übrigens die Ältere der Zwillinge ist die Mutter von der charmanten und geschätzten Mayrhofnerin Sigrid Wildauer. Wenn das der Großvater Winterer gewusst hätte, wäre seine Freude doppelt so groß gewesen. Auf die bösen Mayrhofner Mäuler, welche meinten: „Der Winterer ist ein guter Schlosser, und er ischt der beste Büchsenmacher (Mädchenmacher) weit und breit.“, reagierte Franz Winterer mit einem passenden Spruch, den er zur Abwehr der spöttischen Hinweise auf das Fehlen eines Stammhalters an seinem Haus anbringen ließ: „Wenn an jeden bösen Mundein Schloß gehängt müßt werden, wär’ die edle Schlosserzunft die beste wohl auf Erden!“ Mit Ludwig Kugler bekam Franz Winterer schließlich einen tüchtigen Schwiegersohn, der zusammen mit der ältesten Tochter Thresl den Betrieb erfolgreich weiterführte.
